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Am 03.03.2022 wurde die Drucksache 20/899 in den Deutschen Bundestag eingebracht.

Über 200 unterzeichnende Abgeordneten wollen, dass ab Oktober alle Volljährigen mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen.

 Die Vorlage soll schon am 17. März 2022 im Parlament behandelt werden.

Die Impfpflicht soll im Wege einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) eingeführt werden und ab dem 01.10.2022 Inkrafttreten und am 31.12.2023 wieder außer Kraft treten.

Es ist kein Impfzwang vorgesehen sondern nur eine Nachweispflicht über eine Impfung. Der dort geforderte Impfnachweis soll durch drei Impfungen mit einem der zugelassenen Impfstoffe erworben werden, wobei es Ausnahmen für Schwangere im ersten Schwangerschaftsdrittel sowie Personen geben soll, die eine medizinische Kontraindikation nachweisen.

Bußgeld/ Zwangsgeld möglich

Niemand würde danach zwangsgeimpft oder mit Zwang einem Impfarzt vorgeführt werden dürfen. Nach dem Entwurf würde lediglich ein Bußgeld von max. 2500 € drohen, was aber auch mehrfach verhängt werden könnte

Im Gesetzesentwurf heißt es auf Seite 20 zu § 73a IfSG , dass § 96 OWiG nicht anzuwenden ist. Damit entfällt jegliche Erzwingungshaft bei Nicht-Zahlung des Bußgeldes.

Auf Seite 20 des Entwurfes wird ein neuer § 54c „Zwangsmittel“ eingeführt. Es kann Zwangsgeld verhängt werden. Auch insoweit wird die Anordnung von Ersatzzwanghaft ausgeschlossen. Weitere Erläuterungen, mit Ausnahme des Hinweises auf den Wegfall des Zwangsmittels Ersatzzwanghaft finden sich nicht. Somit dürfte das Verwaltungsvollstreckungsgesetz heranzuziehen sein, in dem in § 11 Abs. 3 VwVG die Höhe von bis zu 25.000 € geregelt ist. Zudem könnte ein Zwangsgeld nach § 13 Abs. 6 VwVG parallel zu einem Bußgeld auch mehrfach verhängt werden.

In dem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgerichts 1BvR 2492/08 bereits eine Bußgeldandrohung bis zu 3.000 Euro für verfassungswidrig erklärt hat.

Der Entwurf regelt den Ablauf der Gültigkeitsdauer der Nachweise und soll die Bundesregierung ermächtigen, sowohl die Anzahl der erforderlichen Impfungen als auch die Impfintervalle durch Rechtsverordnung ändern zu können.

Auf Seite 45 der Entwurfsbegründung , dort unter „Zu Absatz 4“ steht aber, dass solche Änderungen nur durch die erwähnte Rechtsverordnung vorgenommen werden können, wenn diese für die betroffenen Personen „eindeutig vorteilhaft“ sind. Es dürfen danach in der Rechtsverordnung „keine strengeren Anforderungen getroffen werden“.

Rechtliche Würdigung

Insofern verweise ich noch einmal auf das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dr. Volker Boehme-Neßler Prof. für Öffentliches Recht an der Universität Oldenburg:

https://individuelle-impfentscheidung.de/fileadmin/Downloads/Gutachten_Corona-Impfpflicht_final.pdf

Durch eine Impfpflicht wird in eine Vielzahl von Grundrechten eingegriffen.

Vor Allem das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 GG.

Bei den meisten Grundrechten gibt es einen Gesetzesvorbehalt, d. h. in die Grundrechte kann durch ein verhältnismäßiges Gesetz eingegriffen werden.

Verletzung der Menschenwürde ?

Einen solchen Gesetzesvorbehalt gibt es nur bei Art. 1 GG, der Verletzung der Menschenwürde, nicht.

Bei der alten Besetzung des Bundesverfassungsgerichts hätte hier wohl schon ein Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz aus dem Jahr 2006 ausgereicht. Hierbei ging es um den möglichen Abschuss eines Flugzeuges bei einem geplanten Terroranschlag, wenn dadurch eine Vielzahl von Menschen Leben gerettet werden könnte.

Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass kein Menschenleben dafür geopfert werden darf ,andere Menschenleben zu retten.

Das aktuelle Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 10.2.2021 gesagt ,ich zitiere,

„dass eine Impfung in extremen Ausnahmefällen auch tödlich sein könnte“ …

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2022/02/rs20220210_1bvr264921.html

Die Argumentation könnte meines Erachtens übertragbar sein.

Art. 2 GG, Art. 4 Abs. 1 S. 2 GG , Art. 12 Abs. 1 GG

Die anderen betroffenen Grundrechte dürfen zwar durch ein Gesetz eingeschränkt werden, das Gesetz muß aber

ein legitimes Ziel verfolgen und darüber hinaus geeignet, erforderlich und im engeren Sinne verhältnismäßig sind.

Legitimes Ziel

Was ist eigentlich das Ziel?

Legitimes Ziel

Die Steigerung der Impfquote könnte allenfalls als Zwischenziel für den Gesundheitsschutz der Bürger in Betracht kommen.

Eigenschutz

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich, dass es keine Verfassungspflicht gibt, gesund zu leben. Es bedarf keinen Schutz vor Selbstgefährdung und es gibt somit die Freiheit zur Krankheit.

Fremdschutz und Schutz des Gesundheitssystems als legitime Ziele

Fremdschutz und Schutz des Gesundheitssystems können legitime Ziele sein, da der Staat aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verpflichtet ist, das Leben und Gesundheit seiner Bürger zu schützen.

Geeignetheit

Der Staat darf aber nur dann in Grundrechte eingreifen, wenn diese Maßnahmen überhaupt geeignet sind, den angestrebten Zweck zu erreichen.

Laut Entwurf soll die Impfpflicht vor allen Dingen eine „Überlastung des Gesundheitssystems“ vermeiden, was trotz der massiven aktuellen Omikron Variante nicht überlastet ist  und auch nach dem Expertenrat des Gesundheitsministerium und neuen veröffentlichten Daten des Bundesgesundheitsministeriums in den letzten 2 Jahren nicht überlastet war.

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/C/Coronavirus/20220215_Analyse_Leistungen_bis_September_2021.pdf

Der Gesetzentwurf behauptet, eine Drittimpfung mindere „das Risiko einer Ansteckung mit den aktuell vorherrschenden Virusvarianten“ und verweist zum Beleg auf den RKI-Wochenbericht vom 3.02. 2022.

Die dortige Auswertung sieht aktuell zum einen schon wieder ganz anders aus :

Wochenbericht vom 03.03.2022

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2022-03-03.pdf?__blob=publicationFile

Interessant ist an dieser Stelle auch, dass selbst die Impfhersteller in den von ihnen gefertigten Zulassungsstudien einen Fremdschutz nicht behauptet haben sollen.

Auch unsere Gesundheitsbehörden haben ihre diesbezüglichen Äußerungen stark revidiert.

 Bis August 2021 hieß es auf der  Website des staatliche Paul-Ehrlich-Institut (PEI) :

 „COVID-19-Impfstoffe schützen vor Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus“.

Im September revidierte das Institut und korrigiert:

 „COVID-19-Impfstoffe schützen vor einem schweren Verlauf einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus“.

 Nachdem auch das zweifelhaft geworden war, heißt es inzwischen:

„COVID-19-Impfstoffe sind indiziert zur aktiven Immunisierung zur Vorbeugung der durch das SARS-CoV-2-Virus verursachten COVID-19-Erkrankung“.

Statt nur einen einzigen Wochenbericht des RKI zu zitieren, hätten die Abgeordneten auf die Informationsseiten des RKI blicken können, wo es heißt

„In welchem Maß die Impfung die Übertragung des Virus reduziert, kann derzeit nicht genau quantifiziert werden.“

https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Transmission.html#:~:text=In%20welchem%20Ma%C3%9F%20die%20Impfung,symptomatische%20und%20asymptomatische%20Infektionen%20bietet.

Erforderlichkeit

Ungeachtet dessen muß eine Impfpflicht auch erforderlich sein.

Nach dem Gesetzentwurf beträgt die Quote vollständig Geimpfter bei Volljährigen 84,6 Prozent , wobei man von einer Untererfassung ausgeht und die Quote damit sogar bis zu 90 Prozent betragen könnte.

Was ist mit den Millionen von Menschen, die insb. durch Omikron infiziert wurden und auch als immunisiert gelten sollten?

Hier gibt es erstaunlicherweise keine Daten, obwohl jeder positive PCR Test dem RKI gemeldet wird ?

Selbst wenn der Entwurf ein legitimes Ziel verfolgen würde, ist es rätselhaft, warum diese enormen Quoten einer Immunität nicht ausreichen und Rettung nur von einer Steigerung der Impfquote bis auf 100 Prozent erwartet werden könnte.

Als Alternative drohen die Abgeordneten mit erneuten Lockdowns. Sachlich kann dieses Argument aber auch nicht überzeugen, da etwa England, das seinen „FreedomDay“ im Juli 2021 beging, mit niedrigerer Impfquote als Deutschland und ohne Lockdown gut durch den Winter kam. 

Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne

Jede  verfassungsrechtliche Beurteilung schließt mit einer Abwägung der Vor- und Nachteile des Gesetzes.

Zu möglichen Nebenwirkungen liest man in dem Gesetzesentwurf relativ wenig.

Das BVerfG stellt als höchstes deutsches Gericht fest, dass

bei Covid-19-Injektionen „im Einzelfall auch schwerwiegende Impfnebenwirkungen eintreten können, die im extremen Ausnahmefall auch tödlich sein“ können (Rnr. 16)

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2022/02/rs20220210_1bvr264921.html

Infolge der weltweiten Kampagne gibt es zu Impfnebenwirkungen eine Fülle von Daten, die ausgewertet werden könnten und müssten.

Das dies scheinbar nicht erwünscht ist, zeigt die fristlose Kündigung des Vorstands der BKK ProVita Andreas Schöfbeck, der darauf hingewiesen hatte, dass die Abrechnungen seiner Krankenkasse deutlich mehr Impfnebenwirkungen enthielten als die offiziellen Zahlen des Paul Ehrlich Instituts.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article237236519/Nach-Aussagen-zu-Impfnebenwirkungen-Vorstand-der-BKK-ProVita-ist-fristlos-gekuendigt.html

Eine allgemeine Impflicht kann verfassungsrechtlich aber nur legitimiert sein, wenn Sie sich auch intensiv mit den Impfnebenwirkungen auseinandersetzt und dann eine ordentliche Abwägung vornimmt.

FAZIT

Mit der allgemeinen Impfpflicht verfolgt der Gesetzgeber zwar mit dem Schutz des Gesundheitssystems ein legitimes Ziel. Dieses Ziel haben wir aber auch schon ohne eine Impfpflicht erreicht, da unser Gesundheitssystem in den letzten zwei Jahren insgesamt nicht überlastet gewesen sein soll.

Die Impfpflicht dürfte wegen der hohen Impfquote der Volljährigen und der Vielzahl von Immunisierten durch eine Infektion auch nicht erforderlich sein, und geeignet ist sie angesichts der hohen Infektionszahlen bei Geimpften und Geboosterten wohl auch nicht.

Die Nebenwirkungen schließlich werden so vernachlässigt, dass eine Folgenabwägung der nicht endgültig zugelassenen Impfstoffe gar nicht richtig möglich ist.

Es ist für mich unverständlich, dass die Abgeordneten mit dieser Faktenlage tatsächlich eine Impfpflicht begründen wollen.