Früher war es das Grundgesetz heute ist das gelbe Dokument das Büchlein zur Freiheit – zumindest für die, die bereits vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind. Es soll deshalb bereits einen großen Schwarzmarkt für Impfpässe geben und es gibt Juristen, die die Meinung vertreten , dass es nicht strafbar sei, diese Impfpässe zu verkaufen, zu kaufen oder in Apotheken oder Restaurants vorzuzeigen.
In den letzten Tagen wurde ich jetzt so oft darauf angesprochen, dass ich jetzt doch einen Beitrag dazu mache, damit sich niemand durch eine vermeintliche Strafbarkeitslücke dazu hinreißen lässt, einen Impfpass zu fälschen oder einen gefälschten Impfpass zu benutzen.
Urkundenfälschung iSd § 276 StGB
Ein Impfpass dient als Nachweis für die Durchführung bestimmter Impfungen und stellt im rechtlichen Sinne eine Urkunde dar.
Eine Urkundenfälschung ( § 267 StGB) , die mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bestraft werden kann , liegt aber nur dann vor, wenn der tatsächliche Aussteller und der sich aus der Urkunde ergebende Aussteller nicht identisch sind. D.h wenn in dem Impfpass der Name eines Arztes steht, der diesen Eintrag tatsächlich aber nicht bestätigt hat.
Leerer Impfpass nicht zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet
Ein leerer Impfpass ist nicht zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet, so dass das Erstellen und Anbieten eines leeren Impfpasses tatsächlich keine Urkundenfälschung darstellen dürfte. Allenfalls eine Beihilfe zu einer späteren begangenen Haupttat.
Inhaltliche Lüge wird nicht durch § 267 StGB geschützt
Außerdem wäre auch der von einem Arzt ausgestellte falsche Impfausweis keine Urkundenfälschung, weil die Urkunde ja tatsächlich von diesem Arzt ausgestellt wurde und die inhaltliche Unrichtigkeit der Urkunde (sog schriftliche Lüge) zumindest keine Urkundenfälschung darstellt.
Falsches Gesundheitszeugnis ( §§ 277 ff StGB)
Wenn also ein Arzt selbst einen Impfeintrag verfälscht, handelt es sich nicht um eine Urkundenfälschung, sondern um das Ausstellen ein falsches Gesundheitszeugnisses (§ 277 StGB), welches im Höchstmaß für das Ausstellen und den Gebrauch nur mit einer Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr bestraft werden kann
Vorlage gegenüber Behörde oder Versicherungsgesellschaft
Hier ist aber Voraussetzung, dass dieses Dokument einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft vorgelegt wird, d.h. die Vorlage gegenüber Apotheken oder Restaurants wäre davon nicht erfasst.
Eine Urkundenfälschung läge aber dann vor, wenn die Unterschrift nicht von dem Arzt stammt, der in dem Impfpass angegeben ist, d.h. ein auf dem Schwarzmarkt erworbener Impfausweis in dem dann ein Name eingetragen wird.
Es läge daher auf den 1. Blick eine Urkundenfälschung vor, die nicht nur mit einer Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr, sondern sogar bis zu 5 Jahren bestraft werden könnte.
Sperren die §§ 277 ff den § 267 StGB – Strafbarkeitslücke ?
Im Strafrecht ist es jedoch grds. so, dass die speziellere Norm die allgemeinere Norm sperrt , d.h. wenn die § 277 ff. StGB – also das Ausstellen und der Gebrauch eines falschen Gesundheitszeugnisses als spezielleres Delikt ausscheiden würden, weil der Impfpass nicht gegenüber einer Behörde oder Versicherung sondern zur Vorlage im Restaurant oder Fitnessstudio genutzt wird , könnte ein Strafbarkeit nach § 267 StGB ausgeschlossen sein und das wäre die sog. Strafbarkeitslücke.
ABER: Das Ganze ist umstritten und es gibt auch Juristen, die eine Strafbarkeit bejahen und dann wird es wahrscheinlich auch die zuständige Staatsanwaltschaft machen.
Neue Straftatbestände im Infektionsschutzgesetz
Außerdem hat auch der Gesetzgeber die potentielle Strafbarkeitslücke gesehen und im Infektionsschutzgesetz zum 01.06.2021 neue Straftatbestände ( § 75 a und 74 Abs. 2 IfSG) eingeführt.
Danach ist die falsche Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung und auch der Gebrauch einer solchen gefälschte Bescheinigung strafbar.
Auch hier gibt es nun Juristen, die sagen, dass danach nur der Gebrauch von falschen Impfausweisen strafbar sei, die Ärzte ausgestellt hätten. Also das heißt der auf dem Schwarzmarkt erworbene Impfausweis würde wieder nicht darunter fallen. Aber auch das ist umstritten und entsprach wohl kaum den Willen des Gesetzgebers , der eine etwaige Strafbarkeitslücke schließen wollte.
Es handelt sich hier daher nur um juristische durchaus vertretbare Diskussionen zu einem möglichen Handlungsbedarf, um eine etwaige Strafbarkeitslücke zu schließen , aber keinesfalls einen Garant für ein Straffreiheit.
Möglicher Ablauf:
Wenn tatsächlich der Verdacht besteht, dass ein falscher Impfpass benutzt wurde, wird mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Hier sollte ohne Anwalt vor Akteneinsicht nichts gesagt werden!
Wenn es vor der Eröffnung der Hauptverhandlung nicht zu einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Auflage kommen sollte und es dann tatsächlich vor dem Strafrichter landet, läuft es in der Praxis bei solchen noch ungeklärten Rechtsfragen aber so ab, dass Alle den Fall schnell vom Tisch haben wollen und die wenigsten einen solchen Fall bis zum BGH bringen werden, d.h. man einigt sich auf eine Einstellung nach § 153 a StPO gegen Zahlung einer Auflage oder einen anderweitigen Deal.
Ein Freispruch dürfte sehr unwahrscheinlich sein!
Fazit:
Die Juristen können viel diskutieren, wenn deswegen aber trotzdem ein Strafverfahren eingeleitet werden sollte, was sehr wahrscheinlich ist , hilft das keinem und diese Diskussionen dürfen auf keinen Fall als Freischein für die Fälschung und Nutzung eines gefälschten Impfausweises missverstanden werden.
Unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung droht Im Arbeitsverhältnis bei der Vorlage eines gefälschten Impfausweis eine fristlose Kündigung oder Verdachtskündigung.