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I.    BGH lehnt Haftung für Kauf  nach 22.09.2015 pauschal ab

Der BGH hat die Haftung der Volkswagen AG gegenüber Käufern, die ihr Fahrzeug mit dem Motor EA 189  erst nach dem 22. September 2015 erworben haben, pauschal abgelehnt.

D.h. Es soll egal sein, ob der Kunde wusste, dass er einen manipulierten PKW erworben hat.

Der Unwert der Tat sei durch eine an den Kapitalmarkt gerichtete ad hoc-Mitteilung vom 22.11.2015 „relativiert“ worden.

Dadurch habe der VW Konzern sein vorausgegangenes Verhalten

  • nicht (mehr) vertuscht,
  • sondern sich mit der Aufarbeitung der Problematik befasst und
  • die Öffentlichkeit informiert.

Das Gegenteil ist der Fall.

  • VW hat weder in der ad hoc-Mitteilung vom September 2015 noch bei der Erteilung von Informationen, die die von ihr eingerichtete Suchmaske begleiteten, offen gelegt und eingeräumt, dass durch die Verwendung der Abschaltsoftware die Stilllegung des Fahrzeugs drohte.

VW hat auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung betont,

  • dass sie den Bescheid des KBA in der Sache weiterhin für falsch halte und
  • sich dem letztlich nur aus unternehmenspolitischer Verantwortung gebeugt habe.

VW trägt bis heute vor und behauptet,

  • dass  gar keine unerlaubte Abschalteinrichtung eingebaut sei und
  • dass die der Zulassung zugrunde zu legenden Schadstoffwerte richtigerweise unter Laborbedingungen hätten ermittelt werden dürfen.

Die genaue Urteilsbegründung liegt noch nicht vor, aber möglicherweise wurden hier einfach noch nicht alle Argumente vorgetragen und ausgewertet:

  • Meines Erachtens kann der Käufer gar nicht wissen, welcher Motor in einem Fahrzeug verbaut ist. Das steht nicht in den Fahrzeugpapieren.
  • Es sollte daher konkret vorgetragen werden, dass der Käufer beim Kauf nicht wusste, dass er ein Auto mit dem manipulierten EA 189 Motor kauft und eine Stilllegung durch das Kraftfahrtbundesamt drohen könnte
  • Niemand würde den vollen Kaufpreis für einen manipulierten minderwertigen PKW zahlen.

Ganz sicher ist aber,  dass dieses Urteil für Käufe ab dem 22.09.2020 ausschließlich für den VW-Motorentyp EA189 gilt.

1. Urteil gilt nicht für VW-Bulli in der Version T5 

Auch  für die Besitzer eines VW-Bulli in der Version T5 besteht Hoffnung auf Schadensersatz.

Hier wurde zwar auch der Skandal-Motor EA 189 verwendet.

Der T5 fehlt aber in der Liste der im September 2015 veröffentlichten VW-Modelle mit unzulässigen Abschaltvorrichtungen.

Erste Urteile liegen jetzt vor und u.a. die Landgerichte München, Heilbronn und Osnabrück haben VW wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung zum Schadensersatz verurteilt (LG München Az. 3 O 13321/19,  LG Heilbronn Az.: Bi 6 O 257/19, LG Osnabrück Az.: 10 O 824/20 ).

VW soll in beiden Schadstoffklassen (5 und 6) diese Abschaltvorrichtung niemals ausgeschlossen und soll sogar konkret zugegeben haben, mit dem Thermischen Fenster für einen Bauteileschutz zu sorgen.

Die Konzern-Argumentation, dass das Thermische Fenster der EU-Norm entspreche und notwendigerweise dem Bauteileschutz vor Überhitzung diene, dürfte seit dem Schlussurteil der EuGH- Generalanwältin aus Ende April 2020 nicht mehr aufrechterhalten werden können. Diese Vorrichtungen sollen danach nur in ganz engen Grenzen und nur zum unmittelbaren Schutz des Motors erlaubt sein

2.  Urteil gilt nicht für EA288 der Abgasnorm Euro 6

Viele Gerichte sehen es mittlerweile als erwiesen an, dass auch der vermeintlich so saubere VW-Nachfolge-Dieselmotor EA288 der Abgasnorm Euro 6 unzulässige Abschalteinrichtungen enthält.

Im EA288 soll unter anderem auch  ein  sogenannte Thermofenster verbaut sein, die die EU – Generalanwältin am 30. April 2020 in einem Gutachten beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg als temperaturabhängige Abschalteinrichtung als unzulässig eingestuft hat.

Es zeigt sich, dass immer mehr Landgerichte auch den Vortrag bei EA 288 Motoren für ausreichend erachten. Ansprüche auf Schadensersatz werden mit Verweis auf das Gutachten der EU Generalanwältin begründet.

3. Urteil gilt nicht für 3-Liter-Dieselmotoren EA897

Der VW-Motor EA 897 ist in zahlreichen Premium-Modellen von Porsche, Audi und VW mit den großen 3-Liter-Dieselmotoren verbaut.

Mit vielen Landgerichten hat inzwischen auch ein inzwischen rechtskräftiges Urteil des OLG Koblenz  dem Halter eines Diesels mit EA897 Motor Schadensersatz zugesprochen.

Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte zahlreiche verpflichtende Rückrufe für diese Modelle angeordnet.

Auch bzgl. dieses Motors gibt es keine Aufklärungsarbeit seitens VW.

4. Urteil gilt nicht bei unzulässiger Abschalteinrichtung anderer Hersteller 

Auch bei Audi, Mercedes, Opel, BMW und anderen Herstellern werden Fahrzeuge zurückgerufen, bekommen ein Software-Update oder fallen bei Messungen mit viel zu hohen Abgaswerten auf. Viele Kunden haben deshalb auch hier einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt.

Da insofern seitens der Hersteller unzulässige Abschalteinrichtungen und Manipulationen verneint werden, kann nicht mit einer Aufklärungsarbeit wie bei VW argumentiert werden.

II. BGH lehnt Deliktszinsen ab

Der BGH lehnt auch Deliktszinsen nach § 849 BGB ab. Käufer müssen sich daher nicht nur einen Nutzungsabzug gefallen lassen, sondern erhalten auch keine Deliktszinsen,

vgl. BGH Urt. v. 30.7.2020 – VI ZR 397/19 (unveröffentlicht) und VI ZR 354/19 (unveröffentlicht):

Das gegen eine Verzinsung nach § 849 BGB vorgebrachte Argument, der Geschädigte habe für das Geld ja Ersatz bekommen, weil er ein Fahrzeug zur Nutzung erhalten habe, überzeugt nicht.

Diesem Umstand ist durch die Anrechnung der Nutzungsentschädigung bereits ausreichend Rechnung getragen. Das sieht der BGH aber leider nicht so,

III. Nutzungsersatz kann Schadensersatzanspruch vollständig aufzehren

Der BGH hat schließlich auch entschieden, dass es möglich ist, dass der Käufer wegen der Anrechnung des Nutzungsersatzes gar nichts mehr bekommt.

Der Schadensersatzanspruch kann durch die gefahrenen Kilometer und die daraus anzurechnende Nutzungsentschädigung vollständig aufgezehrt werden.

Dies kann der Fall sein, wenn das Fahrzeug bereits 280.000 km gefahren ist, das Gericht aber von einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km ausgeht.

Der BGH hat sich aber nicht dazu geäußert, wie viele km als Laufleistung anzusetzen sind. Die Gerichte gehen derzeit von einer durchschnittlichen Lebensdauer von 250.000 bis 500.000 km aus. Es kommt daher darauf an, wie die Untergerichte die Gesamtlaufleistung einstufen. Für eine hohe Laufleistung spricht, dass die Fahrzeuge aus dem Hause Volkswagen qualitativ besonders hochwertig sind.

Ich berate und vertrete Sie hier sehr gerne !