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Der BGH hat am 25.05.2020 VI ZR 252/19 entschieden, dass dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs Schadensersatzansprüche gegen VW aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB zustehen können.

Volkswagen muss seinen Kunden den

  • Bruttokaufpreis der Fahrzeuge
  • abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die zurückgelegten Kilometer erstatten.

Mit diesem Urteil schafft der Bundesgerichtshof (BGH) Rechtssicherheit für viele geprellte VW Kunden, da sehr wahrscheinlich ist, dass sich alle Land- und Oberlandesgerichte in Deutschland an die Rechtsprechung des obersten Zivilgerichtes halten werden.

Wer könnte von diesem Urteil profitieren ?

  • Alle anhängigen Verfahren in Bezug auf den Motor EA 189
  • Die Beteiligten der Musterfeststellungsklage die sich gegen den Vergleich entschieden haben
  • Die Beteiligten der Musterfeststellungsklage , die kein Vergleichsangebot erhalten haben
  • Autokäufer, die bis heute nichts unternommen haben, könnten ebenfalls noch klagen. Für sie besteht allerdings ein erhöhtes Prozessrisiko, weil einige Gerichte die Verjährung bejahen.
  • Außerdem sind nicht nur Käufer von Dieselfahrzeugen mit den EA 189-Motoren betroffen. Auch weitere Motoren sollen manipuliert worden sein ( z. B. Nachfolgemodell EA 288 )
  • Neben VW besteht auch bei BMW, Daimler und anderen Herstellern der Verdacht, dass sie ihre Kunden getäuscht haben, indem Abgaswerte manipuliert wurden.

Schadensersatzanspruch gegen VW wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung

VW hat jahrelang mit vielen Tricks versucht, eine Entscheidung des BGH zu verhindern

Jetzt ist es endlich gelungen und der BGH konnte sich als höchstes Deutsches Zivilgericht zu der Frage äußern, ob das Einbauen einer Umschaltvorrichtung eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung darstellt.

Der BGH ordnete das Verhalten von VW in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA189

  • deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war,
  • dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden,
  • als besonders verwerflich und mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht zu vereinbaren ein

Das gelte auch, wenn es sich um den Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs handelt.

Die Käufer derartiger Motoren seien durch dieses sittenwidrige Verhalten der Beklagten

  • eine ungewollte vertragliche Verpflichtung eingegangen. 

Darin liege auch der Schaden.

Die Kunden können daher von dem VW Konzern

  • Erstattung des Kaufpreises gegen Übergabe des Fahrzeugs verlangen.
  • Dabei müssen Sie sich aber die Nutzungsvorteile auf der Grundlage der gefahrenen Kilometer anrechnen lassen, weil sie im Hinblick 
    • auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot 

nicht bessergestellt werden dürfen, als sie ohne den ungewollten Vertragsschluss stünden

Warum können so viele von dem Urteil profitieren ? 

Da der BGH abstrakt bestätigt hat, dass eine Manipulation der Abgaswerte aus Gewinnmaximierungsgründen sittenwidrig und besonders verwerflich ist.

Dieser Grundsatz ist auf alle Hersteller und Motoren übertragbar, bei denen es ebenfalls zu solchen Manipulationen gekommen ist. VW war hier scheinbar kein Einzelfall. Auch andere Hersteller sollen Abgaswerte manipuliert haben, um eine bestimmte Typengenehmigungen zu erreichen.

Weitere entscheidende Punkte sind aber noch offen geblieben:

  1. Die Fragen nach dem Verjährungsbeginn und damit des Verjährungseintritts
  2. Die Frage, ob ein Fahrzeugerwerb nach Bekanntwerden des Abgasskandals in der Öffentlichkeit dennoch zu Schadenersatz berechtigt (Käufe ab November 2015)
  3. Die Frage, ob den Käufern auch ein Anspruch auf deliktischen Zinsen, in Höhe von 4 % zusteht

Insbesondere die wirtschaftlich bedeutende Rechtsfrage nach den Zinsen wird in den weiteren, für Juli anberaumten Verhandlungsterminen des BGH geklärt werden.

Zu Käufen nach November 2015 hat das OLG Koblenz mit Urteil vom 03.04.2020, Az.: 8 U 1956/19,hervorragend herausgearbeitet, dass das Bekanntwerden des Dieselskandals allein noch nicht ausreicht, um der Manipulation die besondere Verwerflichkeit und Sittenwidrigkeit zu nehmen.

Aus diesem Urteil lassen sich auch wertvolle Ansatzpunkte für den Beginn einer möglichen Verjährung ziehen.

Die Verjährung tritt zum Jahresende ein, wenn der Käufer trotz Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von einem möglichen Schadensersatzanspruch nicht innerhalb von 3 Jahren tätig wird.

Es ist sehr fraglich, ob allein die Kenntnis davon, dass Ihr Pkw mit einer unzulässigen Umschalteinrichtung ausgestattet war, dazu führt, dass Sie Kenntnis von möglichen Schadensersatzansprüchen haben mussten. Zumal VW bis heute behauptet, überhaupt keinen Fehler gemacht zu haben, da sie bei der Schadstoffausstoßmessung zu Recht auf Laborbedingungen abgestellt hätten.

Meines Erachtens sprechen gute Gründe dafür, dass sich die betrogenen VW-Kunden frühestens 2017, als die ersten verbraucherfreundlichen Urteile gegen VW & Co. von Landgerichten oder Oberlandesgerichten gefällt und öffentlich kommuniziert wurden, bewusst werden konnten, dass ihnen hier ein rechtlicher Anspruch entstanden sein könnte.

Dann würde die Verjährung zum Jahresende eintreten (31.12.2020). 

Die meisten OLG Urteile gab es jedoch erst 2019, was für eine Verjährung zum 31.12.2022 sprechen könnte.

Das Landgericht Trier hat hierzu am 19.09.2019 mit dem Az.: 5 O 417/18 sogar festgestellt, dass die 3-jährige Verjährungsfrist erst dann zu laufen beginne, wenn eine endgültige Entscheidung des Bundesgerichtshofs vorliegt, sodass die Verjährungsfrist sogar erst jetzt beginnen könnte.

Gleichwohl gibt es einige Gerichte, die eine Verjährung zum 31.12.2019 bejaht haben, sodass hier eine individuelle Prüfung und Beratung erforderlich ist.

Es bleibt spannend, wie der BGH dies wohl sehen wird.

Es ist auf jeden Fall wichtig, dass Sie selbst tätig werden und sich zeitnah beraten lassen.

Gerade für andere Motoren und andere Hersteller empfehle ich eine individuelle und rechtzeitige Prüfung, damit Sie erst gar nicht in die Verjährungsfalle tappen.

Ich berate und vertrete Sie hier sehr gerne !